Für die August-Ausgabe der „Wirtschaft – Die regionale Wirtschaftszeitung der Rhein-Zeitung“ wurden die Geschäftsführer der EXIT Mittelrheinland zu den unterschiedlichen Herausforderungen im Zusammenhang mit einer Unternehmensnachfolge befragt.
Die Übertragung eines Unternehmens ist voller Herausforderungen und oft gesäumt von rechtlichen und steuerrechtlichen Fallstricken. Guter Rat ist sinnvoll. WIRTSCHAFT sprach mit den Beratungsexperten von Exit Mittelrheinland -Allianz für Nachfolgestrategien.
Von Johanna Heidenreich
„Die Unternehmensnachfolge berührt immer verschiedene Disziplinen, die allesamt koordiniert und harmonisiert werden müssen“, sagt Dr. Andreas Fromm. Der Rechtsexperte der Kanzlei Fromm kennt die Herausforderungen einer Unternehmensübergabe nur zu gut. Es seien fast immer auch rechtliche Aspekte betroffen, seien es steuer-, gesellschafts-, arbeits- oder vertragsrechtliche Fragestellungen bei der Übertragung selbst. Wie wichtig eine ganzheitliche Betrachtung und professionelle Beratung durch Experten im Nachfolgeprozess sein kann, haben die Geschäftspartner Andreas Fromm und German Drechsler, Senior-Partner und Gründer der THINK Gruppe, schon früh erkannt. „Die Unternehmensübergabe ist aus unserer Sicht der wichtigste Deal in einem Unternehmerleben und oft bekommt man keine zweite Chance“, betont Fromm. Dieser Gedanke war der Startschuss für die „EXIT Mittelrheinland – Allianz für Nachfolgestrategien“, in der sich beide zusammentaten, um bestmöglich individuelle und ganzheitliche Beratungsleistungen aus einer Hand im Bereich Unternehmensübergabe und -verkauf anzubieten.
Die Experten Drechsler und Fromm wollen Übernahmeinteressierten dabei helfen, Antworten auf Fragen nach einer passgenauen Nachfolge zu finden. Es sei gut, wenn sich die Unternehmen schon in einer sehr frühen Phase des Übernahme- beziehungsweise Übergabeprozesses an Berater wendeten. So könne man den ganzen Prozess zielgerichtet und strukturiert mit begleiten, hebt Drechsler hervor. Das sei aber nicht die Regel, stellt er fest. „Viele Unternehmer beginnen viel zu spät mit dem Nachfolgeprozess, oftmals erst im hohen Alter, und unterschätzen dabei häufig die zeitliche Komponente“, so Drechsler. Der Experte empfiehlt: „Ab einem Alter von 50 bis 55 Jahren, allerspätestens mit 60 sollte eine ,Exit-Strategie‘ vorbereitet werden – in welcher Form auch immer.“
Aus juristischer Sicht ist es wichtig, sich die individuellen Rechtsstrukturen eines Betriebs vor der Übergabe genau anzusehen und zu prüfen. „Ein häufiges steuerrechtliches Risikofeld liegt beispielsweise bei der Standortimmobilie, die nicht selten separat außerhalb der Gesellschaft in der {privaten) Hand der Unternehmerfamilie liegt“, erläutert Fromm exemplarisch. Sollte hier eine sogenannte steuerrechtliche Verstrickung der stillen Reserven bestehen, beispielsweise wegen des Bestehens einer sogenannten Betriebsaufspaltung, dann sollte diese Struktur im Falle der Übertragung des Unternehmens nicht aus Versehen „aufgelöst“ werden.
Fromm konkretisiert: Bei einer Betriebsaufspaltung beherrscht der Unternehmer über seine Beteiligung die operative Gesellschaft, das heißt, er hat Einfluss auf sämtliche Geschäftsaktivitäten des Kerngeschäfts und überlässt zugleich als Eigentümer eine wesentliche Betriebsgrundlage zur Nutzung, zum Beispiel den Standort. „In diesem Fall können strukturelle Vorbereitungsmaßnahmen durch Verlagerung der Immobilie in eine weniger anfällige Rechtsstruktur zielführend sein, beispielsweise eine Ausgliederung der Standortimmobilie in eine GmbH & Co. KG“, empfiehlt der Steuerrechtsexperte.
Neben (steuer-)rechtlichen Herausforderungen sind die Übergabe und das Ausscheiden aus und Abschiednehmen vom eigenen Unternehmen auch ein Prozess, der in der Beratung ein hohes Maß an Sensibilität erfordert, weiß Drechsler aus langjähriger Erfahrung. Denn neben organisatorischen, betriebswirtschaftlichen, steuerlichen, rechtlichen und finanztechnischen Aspekten spielen auch Emotionen meist eine wichtige Rolle. Die Unternehmensnachfolge ist somit eine der größten Herausforderungen des deutschen Mittelstands in den nächsten Jahren, so seine Ansicht. Eine zunehmende Anzahl an Unternehmen suche Nachfolger, während es stetig weniger Interessenten insbesondere für familien- oder betriebsinterne Übernahmen gebe.
In der Beratung mache es einen wesentlichen Unterschied, ob es sich um eine interne oder eine externe Übernahme handelt, erläutert Fromm: „Wir sehen bei der internen Nachfolge deutlich mehr Raum für Kreativität bezüglich der strukturellen Gestaltung, da die Interessen häufig innerhalb der Familie gleichlaufend sind.“ Doch auch hier habe jede Seite ihre eigenen Vorstellungen, und die Berater fordern alle Parteien explizit auf, diese Vorstellungen konkret zu formulieren. Bei der externen Nachfolge liege der Fokus stärker auf einer professionellen Vorbereitung und der Umsetzung eines möglichst risikominimierten Verkaufsprozesses. „Frei nach Seneca gilt: Nur der Unternehmer, der genau weiß, was er zu welchen Konditionen und in welcher Struktur übertragen möchte, kann das Ziel einer optimalen Unternehmensnachfolge erreichen“, sinniert Fromm und macht dabei die Wichtigkeit eines genauen Über- und Weitblicks im Übernahmeprozess deutlich.
German Drechsler:
German Drechsler, Senior-Partner und Gründer der THINK Gruppe, rät zur frühzeitigen Planung, denn Zeit ist eine essenzielle Komponente auf dem Weg zur erfolgreichen Unternehmensübergabe oder dem Unternehmensverkauf.
Andreas Fromm:
Als Experte für Steuerrecht weiß Dr. Andreas Fromm, dass die Schäden existenziell sein können, wenn die Pläne zur Unternehmensübergabe beziehungsweise -übernahme nicht rechtzeitig einer ganzheitlichen, rechtlichen Betrachtung unterzogen werden.
Quelle Titelbild: pixabay – Gino Crescoli