Für einen Gastbeitrag in der Rubrik „Nachrichten aus dem Mittestand“ sprach Sarah Walenta, Leiterin BVMW Region Mittelrhein, mit Andreas und Michael Fromm der Kanzlei Fromm sowie mit German Drechsler der THINK Gruppe über das Thema Nachfolge, das in jedem Unternehmen zum Lebenszyklus gehört.
Herren Fromm, Herr Drechsler, die vergangenen zwei Jahre unterlagen besonderen Herausforderungen. Wie hat sich dies auf die Nachfolgethematik ausgewirkt und welche Erkenntnisse können Sie als Experten hieraus ziehen?
Andreas Fromm: Aktuell werden uns vielfach Nachfolgeregelungen zur Gestaltung angetragen, weil die Zeit für Nachfolgen – unverändert – reif ist. Dies liegt weiterhin am Generationenwechsel, bei dem es oftmals um mittelständische Unternehmen der Nachkriegsgeneration geht. Zudem haben wegen der Corona-Krise bedauerlicherweise einige Unternehmer die Freude am Unternehmerdasein verloren und versuchen nun, sich von ihrem Lebenswerk zu trennen.
German Drechsler: Aber auch ganz gleich, aus welchen Gründen Unternehmer sich für eine Nachfolge entscheiden: Die
Nachfolge stellt definitiv eine der größten Herausforderungen für den deutschen Mittelstand in den kommenden Jahren dar. Der Trend zur externen Nachfolge und insbesondere auch zum Unternehmensverkauf nimmt dabei weiter zu. Häufig werden wir gefragt: Wann ist der richtige Moment für eine Übergabe? Entscheidend ist hier eine ausreichende Vorlaufzeit – idealerweise auch von mehreren (Bilanz-)Jahren – und eine durchdachte und konsequente Planung – auch mit Unterstützung durch externe Fachleute. Ab einem Alter von 50 bis 55 Jahren, allerspätestens mit 60 sollte eine Exit-Strategie zumindest in der Schublade liegen.
Michael Fromm: Bedauerlicherweise gibt es oftmals innerhalb der Familie keinen geeigneten Nachfolger. Gründe hierfür sind vielfältig, zum Beispiel, dass eine jüngere Generation andere Schwerpunkte für ihren Karriereweg setzt und eine ausgeglichene Work-Life-Balance einer hohen Verantwortungsbereitschaft vorzieht oder eben potenzielle Nachfolger externe Festanstellungsangebote im internationalen Großkonzern bevorzugen. Ein weiterer Knackpunkt liegt in der Vorbereitung: Unternehmer sehen vielfach nicht den Vorteil, die Braut vor einem Verkauf „chic“ zu machen. Dies empfiehlt und rentiert sich aber in quasi allen Fällen, wie es unsere jahrzehntelange Erfahrung lehrt.
German Drechsler: Die Übergabe des eigenen Unternehmens ist ein sehr komplexer Prozess und erfordert ein hohes Maß an Sensibilität, denn neben organisatorischen, betriebswirtschaftlichen, rechtlichen und finanztechnischen Aspekten spielen auch immer Emotionen eine wichtige Rolle. Das wird häufig unterschätzt.
Diese Probleme scheinen nur individuell lösbar zu sein. Inwieweit müssen noch politische Faktoren nachgebessert werden?
Michael Fromm: Wir vermissen mitunter rechtssichere Vorgaben, denn: Die Steuergesetze sind heutzutage zwar vielfach für den Mittelstand unternehmerfreundlich; gleichwohl gibt es im Detail erhebliche Fallstricke, die sowohl bei der internen als auch externen Unternehmensnachfolge zu beachten sind (zum Beispiel die Frage nach dem sogenannten Verwaltungsvermögen bei Berechnung der Erbschaftsteuer). Es wäre daher wünschenswert, wenn die Gesetzgebung im Steuer-/Erb- und Gesellschaftsrecht, die entsprechende Rechtsprechung und die (Finanz-)Verwaltung stets zeitnah so unter einen Hut zu bringen wären, sodass für den Unternehmer klar erkennbar ist, welche Auswirkungen die Gestaltung auch auf die private Vermögenslage hat. An dieser Stelle muss der Unternehmer, insbesondere bei in der Regel komplexen Strukturen (zum Beispiel Betriebsaufspaltung, besondere Rechtsformen, Stiftungslösungen), externe Hilfe in Anspruch nehmen, um die individuelle Unternehmensnachfolge zum Schutz seiner Altersvorsorge und zur Sicherung des Unternehmens und der Mitarbeiter optimal und optimiert zu gestalten. Das hat uns dazu motiviert, die EXIT Mittelrheinland – Allianz für Nachfolgestrategien ins Leben zu rufen.
German Drechsler: Richtig. Unsere EXIT Mittelrheinland – Allianz für Nachfolgestrategien kombiniert genau die besprochenen Themenfelder – von den steuerlichen Rahmenbedingungen über komplexe Strukturen bis hin zur persönlichen und emotionalen Komponente. Für jede Fallkonstellation gibt es die eigene, passende Ausgestaltung, und genau hier setzen wir an: Wir wissen, dass Unternehmer mehr brauchen als eine Handlungsempfehlung oder einen guten Rat. Ziel ist es, das Lebenswerk zu erhalten und in die besten Hände zu geben.
German Drechsler: „Die Kanzlei Fromm ist genau wie die THINK Gruppe seit vielen Jahren in der Region etabliert. Der Bereich der Nachfolgeregelung spielt bei uns beiden seit jeher eine große Rolle – jeweils mit einem etwas anderen Schwerpunkt, aber mit vielen Synergien. Bedenkt man, dass das Thema Unternehmensnachfolge kein klar definiertes Beratungs- beziehungsweise Rechtsgebiet ist, sondern vielmehr eine Schnittstellendisziplin, die interdisziplinäres Arbeiten abverlangt, so war eine Vertiefung unserer wertschätzenden Zusammenarbeit eigentlich nur eine Frage der Zeit.“
Andreas Fromm: „Im Rahmen der Allianz kommt der THINK Gruppe die betriebswirtschaftliche Steuerung zu, ebenso wie Corporate-Finance-Aspekte und die Begleitung der wichtigen sozialen Komponenten in der Nachfolge, während die Kanzlei Fromm die rechtliche und steuerrechtliche Begleitung und gestalterische Optimierung vor allem unter Gesellschafts-, Erb- und steuerrechtlichen Gesichtspunkten übernimmt. Dabei ist es uns enorm wichtig, alle Facetten verzahnt aus einer Hand anzubieten. Eine umfassende und intensive Beschäftigung mit allen Gegebenheiten des Unternehmens und der jeweiligen persönlichen Situationen der Inhaber ist dabei unerlässlich.“
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